Anlässlich der Veröffentlichung des Jahresberichtes des Schweizer Gletschermessnetzes GLAMOS werfen wir heute einen Blick auf die Massenbilanz der Schweizer Gletscher. GLAMOS verfolgt ein kontinuierliches Programm zur Überwachung der Schweizer Gletscher mit teilweise über 100 Jahre alten Messreihen. Im Jahr 2024 wurden 20 Gletscher vermessen.
Im Winter 2023/2024 gab es im Vergleich zu den letzten Jahren überdurchschnittlich viel Schnee in den höheren Lagen der Alpen. Wie die Grafiken unten zeigen, war die Schneedecke in den mittleren Lagen zu Beginn des Winters überdurchschnittlich hoch. Nach starken Schmelzereignissen gingen die Schneeverhältnisse im Laufe der Saison jedoch wieder auf durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Werte zurück.

In höheren Lagen sorgten die vielen Niederschläge besonders im März dafür, dass die Schneedecke selbst im Vergleich zum Durchschnitt 1960-1990 überdurchschnittlich mächtig war. Die grossen Schneemengen trugen übrigens auch zu den tragischen Ereignissen im Sommer bei, als bei starken Niederschlagsereignissen zusätzliche Wassermassen durch die hohe Schneeschmelze freigesetzt wurden.
Für die Gletscher war diese grosse Schneedecke eher positiv. Der Schnee bietet den Gletschern eine isolierende Schicht. Schnee reflektiert nämlich mehr Sonneneinstrahlung als Gletschereis (Schnee hat eine höhere Albedo als Eis). Verliert der Gletscher die schützende Schneeschicht, ist er der Erwärmung durch Sonneneinstrahlung viel stärker ausgesetzt.

Die Situation zu Beginn des Sommers weckte die Hoffnung, dass die Gletscher nach den letzten beiden Jahren 2022 und 2023, in welchen die Gletscher insgesamt 10 % ihrer Masse verloren, in diesem Jahr weniger stark schmelzen würden. Leider kamen drei Faktoren zusammen, die trotz guter Ausgangslage zu einem starken Schmelzen im Juli und August beitrugen:

Diese Gründe trugen letztlich zu einem Rückgang von 2.4 % des Volumens der Schweizer Gletscher im hydrologischen Jahr 2023/2024 bei. Dies entspricht einer durchschnittlichen Abnahme von rund 1 Meter Eisdicke. Seit dem Jahr 2000 haben die Schweizer Gletscher damit einen Drittel ihrer Masse verloren.


Eine der nicht unbedingt erwarteten Folgen der Gletscherschmelze ist beispielsweise das Verschieben der Landesgrenze, die unter anderem auch durch die Wasserscheide oder Gratlinien von Gletschern definiert ist. Mit dem Abschmelzen der Gletscher verschob und verschiebt sich weiter die Gratlinie und damit auch die Landesgrenze.
Die Aussichten für die Alpengletscher sind nicht gut. Selbst wenn der Klimawandel jetzt gestoppt wird, zeigen zahlreiche Studien, dass der Grossteil der Alpengletscher aufgrund ihres trägen Verhaltens verschwinden werden.

Wie GLAMOS berichtet, ist es ausserdem wahrscheinlich, dass der absolute Höchstwert der Gletscherschmelze bereits überschritten wurde. Das liegt daran, dass es aufgrund des starken Gletscherrückgangs in den letzten Jahren gar nicht mehr möglich sein wird, so viel Masse wie in den Rekordjahren 2022 und 2023 abzuschmelzen. Langfristig wird der sommerliche Beitrag der Gletscherschmelze versiegen, was sich auf die Wasserverfügbarkeit auswirken wird.
Auf globaler Ebene kann festgehalten werden, dass ein Grossteil der Gletscher noch erhalten werden kann, wenn der Klimawandel begrenzt wird. Dies gilt auch für eine Minderheit der Alpengletscher.
GLAMOS – Schweizerisches Gletschermessnetz
GLAMOS Jahresbericht zur Massbilanz der Schweizer Gletscher 2023/2024 (englisch)
GLAMOS Bericht zur Schneeakkumulation im Winter 2023/2024 (englisch)
SLF Winterbericht 2023/2024