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Die atmosphärische Zirkulation – Teil 4

MeteoSchweiz-Blog | 27. November 2024
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Im vierten Teil unserer Serie über die Zirkulation in der Atmosphäre befassen wir uns mit der Ferrel-Zelle. Dieses Zirkulationssystem liegt zwischen der im letzten Teil beschriebenen Polar-Zelle und der Hadley-Zelle und verbindet diese. Die Ferrel-Zelle erzeugt also die Zirkulation über den mittleren Breiten.

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Die in den gemässigten Zonen vorherrschende Ferrel-Zelle ist in vielerlei Hinsicht besonders:

  • Sie zirkuliert in entgegengesetzter Richtung zu den beiden anderen Zellen (Hadley-Zelle und Polar-Zelle). Dabei ist ihre Subsidenzzone an ihrer Äquatorflanke und ihre Aufwindzone an ihrer Polarflanke.
  • Sie ist eine Konflikt- und Austauschzone zwischen der polaren und tropischen Luftmasse und ist der Ursprungsort des mächtigen Jetstreams.
  • In diesen Breitengraden sind sowohl dynamische wie auch konvektive Prozesse vorherrschend.
  • Der Gradient zwischen Vortizität und Lineargeschwindigkeit ist hier sehr gross.

Kurzer Rückblick:

Wir haben gesehen, dass die Wirbelbewegungen in der Atmosphäre, wie sie ein Beobachter aus dem Weltraum sehen würde, die wir als «absolute» Vortizität (Va) kennen, der Summe der «planetaren» Vortizität (Vp = Wirbel aufgrund der Erdrotation) und der «relativen» Vortizität (Vr = Eigenwirbel aufgrund der Luftmassenbewegungen) entspricht:

Va = Vp + Vr

Die absolute Vortizität bleibt erhalten, wenn keine äusseren Kräfte einwirken und in dem (theoretischen) Fall, dass sich die Luftmasse nicht verformt. Diese Erhaltung der absoluten Vortizität bedeutet, dass die planetare Vortizität abnimmt, wenn die relative Vortizität zunimmt.

Allgemeine Zirkulation in den gemässigten Breiten

Mit diesen Überlegungen können wir nun verstehen, wie sich eine Luftmasse verhält, die sich von Norden nach Süden und umgekehrt bewegt.

Nehmen wir zum Beispiel eine Luftmasse, die vom Pol ausgeht und sich nach Süden bewegt:

Sie hat die maximale planetare Vortizität, da sie sich in 24 Stunden praktisch einmal um sich selbst dreht (Vp = 1). Wenn sie sich gerade nach Süden bewegt, ist ihre relative Vortizität zu Beginn gleich null (Vr = 0).

Auf ihrem Weg nach Süden überquert sie Gebiete, in denen die planetare Vortizität allmählich geringer wird, so dass sie, um die absolute Vortizität konstant zu halten, ihre relative Vortizität erhöhen muss. Sie nimmt dafür allmählich eine zyklonale Zirkulation an. Ihre Strömung wird sich entsprechend zunächst nach Osten, dann nach Nordost ausrichten.

Umgekehrt zieht eine Luftmasse, die aus den Subtropen stammt und sich nach Norden bewegt, von einer Region mit geringer planetarer Vortizität in eine Region mit deutlich höherer Vortizität.  Folglich muss die relative Vortizität mit zunehmender Nordwärtsbewegung abnehmen, um die absolute Vortizität zu erhalten. Die Luftmasse wir entsprechend allmählich nach Südosten abgelenkt.

Wir können dies folgendermassen zusammenfassen:

An den Polen:

Va = Vp + Vr = 1 (Vp ist 1 und Vr ist 0)

Auf dem Weg nach Süden nimmt Vp ab und Vr wird positiv (also zyklonal), um Va konstant zu halten.

Am Äquator:

Va = Vp + Vr = 0 (Vp ist 0 und Vr ist 0)

Auf dem Weg nach Norden nimmt Vp zu und Vr wird negativ (also antizyklonal), um Va konstant zu halten.

Der Jetstream, der die Grenze zwischen der kalten polaren Luftmasse und der warmen tropischen Luftmasse markiert, weist durch den Wechsel zwischen antizyklonal und zyklonal genau diese Wellenbewegungen auf.

Diese sinusförmige Zirkulation, die in den mittleren Breiten von West nach Ost um die Erde läuft, wird Rossby-Welle genannt.

Manchmal (sogar ziemlich oft…) kommt es vor, dass etwas polare Luftmasse durch ihren Schwung von der Hauptströmung abtropft. In der Folge wirbelt sie in Form eines geschlossenen Tiefs fast auf der Stelle weiter. Im meteorologischen Fachjargon wird das «Kaltlufttropfen» genannt.

Ein solches geschlossenes Tiefdruckgebiet kann, je nachdem wo es zu liegen kommt, gefährliche Regenmengen erzeugen. Dies insbesondere im Herbst, wenn das Mittelmeer noch warm ist, wie es beim berüchtigten Tief «Boris» im September dieses Jahres der Fall war:

Im fünften (und letzten) Teil dieser Blogserie über die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre werden wir sehen, wie die Vortizität mit dynamischem Auftrieb und Subsidenz zusammenhängt. Dabei fokussieren wir uns auf die Regionen, die vom Jetstream durchzogen sind. Wenn wir uns vom Äquator nach Norden bewegen, reicht die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung allein nicht mehr aus, um die Luftmasse in vertikale Bewegung zu versetzen. Hier muss ein anderer Prozess einspringen: die Beschleunigung durch die Vortizität!

Links zu den ersten 3 Teilen:

Hinweis: Dieser Blog wurde ursprünglich auf Französisch publiziert.