Auf der Alpensüdseite betreibt MeteoSchweiz 17 automatische Messstationen, die alle zehn Minuten meteorologische Parameter übermitteln. Neun dieser Stationen wurden zwischen 1980 und 1990 in Betrieb genommen, die anderen acht zwischen 2012 und 2016, darunter die Messstation in Grono, die 2012 in Betrieb genommen wurde. Während des Niederschlagsereignisses vom 21. Juni 2024 wurden in Grono erstmals in einem Zeitraum von 30 Minuten drei aufeinanderfolgende 10-Minuten-Intervalle mit mehr als 10 mm Niederschlag registriert. Und dies gleich zweimal kurz hintereinander (zwischen 16:30 und 17:00 UTC sowie zwischen 17:10 und 17:40 UTC).
Die Analyse der Niederschlagsmengen an den automatischen Messstationen auf der Alpensüdseite zeigt, dass Niederschlagsmengen von mehr als 10 mm innerhalb von 10 Minuten (und dies über einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten) für Stationen in den südlichen Alpentälern – einschliesslich Grono – selten auftreten. Betrachtet man alle für die Analyse zur Verfügung stehenden Stationen, so stellt man fest, dass von insgesamt 454 «Beobachtungsjahren» eine solche Sequenz 31-mal beobachtet wurde (einschliesslich der Ereignisse, die in Cevio am 29. Juni 2024 und in Coldrerio am 7. und 12. Juli 2024 aufgezeichnet wurden). Dass solche Sequenzen vor allem auf der Alpensüdseite auftreten, ist auf die Bildung von stationären Gewitterlinien mit sich regenerierenden Zellen oder auf die Bildung von stationären Gewittern bei fehlender Höhenströmung zurückzuführen. Meist werden solche Sequenzen im Mittel- und Südtessin beobachtet (insgesamt 21-mal, davon seit 1981 je viermal in Locarno-Monti und Lugano, seit 2016 bzw. 2015 je zweimal in Crana-Torricella und Coldrerio sowie seit 1982 zehnmal in Stabio). In den Bergen und Alpentälern treten sie dagegen seltener auf (seit 1982 zweimal auf der Cimetta, seit 1988 einmal in Comprovasco und seit 2013 zweimal in Cevio, zuletzt während des Hochwasserereignisses vom 29. und 30. Juni 2024).
Dass innerhalb von 70 Minuten, wie am 21. Juni 2024 in Grono, gleich zwei solche Sequenzen auftreten, ist sehr aussergewöhnlich und kommt noch seltener vor. Um eine fundierte Aussage über die Wiederkehrdauer von zwei solchen Sequenzen innerhalb von 70 Minuten treffen zu können, wären längere Messreihen erforderlich, als verfügbar sind. Zum Vergleich sei aber angemerkt, dass in unserer Datenbank auf der Basis der seit 1981 existierenden sechs automatischen Messstationen auf der Alpensüdseite nur zwei ähnliche Fälle verzeichnet sind (Locarno-Monti 1988 und 1997).
Der Murgang, der die Ortschaft Sorte traf, erreichte den Talboden um 17:44 UTC (Information gemäss Corpo Pompieri Bassa Mesolcina) genau am Ende der intensivsten Niederschlagsphase (16:30 - 17:40 UTC). Eine Phase intensiver Niederschläge bei bereits gesättigten Böden mit erheblichem Abfluss in den Gewässern ist für Starkregenereignisse auf der Alpensüdseite häufig kennzeichnend und war in der Vergangenheit oft die Ursache für schwere Hochwasserschäden.
Bei der Analyse der Wiederkehrperioden ist zu beachten, dass in der Nähe des Niederschlagsschwerpunkts nur sehr wenige Stationen mit langen Messreihen verfügbar sind, welche die Berechnung der Wiederkehrperioden über die verschiedenen Zeitintervalle ermöglichen würden. Im Misox verfügen nur die Stationen Grono und San Bernardino über entsprechende Niederschlagsmessreihen.
Ein Vergleich der am Lago d'Arbola gemessenen stündlichen Niederschlagsmenge von 60,7 mm ergibt eine Wiederkehrperiode von 30 bis 50 Jahren. Vergleicht man den maximalen stündlichen Wert, der vom CombiPrecip aufgezeichnet wurde (zwischen 70 und 80 mm), so ergibt sich unter Berücksichtigung der Unsicherheiten, die aus dem Vergleich zweier Datensätze unterschiedlicher Quellen resultieren, eine Wiederkehrperiode von 30 bis 50 Jahren (70 mm) bzw. von 50 bis 100 Jahren (80 mm).
Es sei darauf hingewiesen, dass die an der Station Grono in weniger als 24 Stunden gemessene Niederschlagsmenge von 124,2 mm einer Wiederkehrperiode von etwa zwei bis fünf Jahren entspricht (bzw. einer Wiederkehrperiode von ein bis drei Jahren, wenn man die Niederschlagsmenge von 72 Stunden berücksichtigt).