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Wahrscheinlichkeit von Prognosen

Wetterprognosen sind mit Unsicherheit behaftet. Um diese zu quantifizieren, werden mit Wettermodellen verschiedene Szenarien berechnet, wobei die Parameter leicht variiert werden. MeteoSchweiz integriert diese Aussagen zur Unsicherheit in die Wettervorhersage.

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Wettermodelle bilden das Geschehen in der Atmosphäre mit mathematischen Formeln ab. Diese numerischen Vorhersagemodelle gelten heute als Standard bei der Erstellung von Wetterprognosen. In den letzten Jahrzehnten wurden erhebliche Fortschritte über das Verständnis der physikalisch-chemischen Prozesse in der Atmosphäre erzielt. Auch hat sich die räumliche Auflösung (Maschenweite) der numerischen Modelle deutlich verbessert.

Wie Unsicherheiten entstehen

Trotz der erzielten Fortschritte werden einige Prozesse noch nicht ausreichend durch numerische Modelle abgebildet. Manche werden noch immer mit Hilfe von Parametrierungen dargestellt, das heisst ein Prozess wird nicht «physikalisch» anhand eines oder mehrerer physikalischer Gesetze abgebildet, sondern auf vereinfachte Weise anhand einer Ersatzmethode.

Eine weitere Unsicherheit entsteht dadurch, dass die Messwerte der einzelnen Parameter, die den Zustand der Atmosphäre zu Beginn der numerischen Simulation beschreiben, nicht eindeutig bekannt sind. Dies obwohl die hohe Beobachtungs- und Messfrequenz (zum Beispiel durch Bodenstationen und verschiedene Messnetze zur Erfassung der Atmosphäre kontinuierliche Verbesserungen ermöglicht.

Diese Werte (auch Anfangsbedingungen genannt) sind wichtig, um die Modellsimulationen in Gang zu bringen. Aufgrund der chaotischen Natur der Atmosphäre können kleine Unterschiede oder Unsicherheiten in den Anfangsbedingungen zu grossen Unterschieden zwischen den Simulationen desselben numerischen Vorhersagemodells führen.

Wie Untersicherheit quantifiziert wird

Folglich ist jede Wettervorhersage mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Um diese Unsicherheit zu quantifizieren, wird bei numerischen Modellen ein sogenannter «Ensemble»-Ansatz verwendet. Das bedeutet, dass für denselben Zeitraum mehrere Szenarien mit demselben numerischen Modell berechnet werden, jedoch mit leichten Modifikationen – beispielsweise bei den Anfangsbedingungen, die als Startparameter für die Simulationen eingegeben werden. Im Gegensatz dazu wird ein Ansatz, bei dem nur ein einziges Szenario berechnet und dargestellt wird, als «deterministisch» bezeichnet.

So berechnet beispielsweise das hochauflösende numerische Modell ICON-CH1-EPS (mit einer horizontalen Maschenweite von 1,0 km) achtmal täglich 11 Szenarien (oder Ensemble-Members) für eine Vorhersagedauer von bis zu 33 Stunden. Das Modell ICON-CH2-EPS, das eine horizontale Maschenweite von 2,1 km verwendet, berechnet 21 Szenarien für einen Zeitraum von 5 Tagen.

Zur Veranschaulichung dieses Ensemble-Ansatzes sind in nachstehender Abbildung die für 21 verschiedenen ICON-CH2-EPS-Modellszenarien simulierten Vorhersagen für die prognostizierte 3-stündige Niederschlagssumme am 24. Juli 2020 um 9 UTC (koordinierte Weltzeit) dargestellt. Für diesen Zeitraum, der 27 Stunden ab Simulationsstart umfasst, ist ersichtlich, dass die Unterschiede zwischen den Szenarien gross sind. Dies verdeutlicht die Unsicherheit, die mit der Vorhersage der für diesen Tag erwarteten Niederschlagsmengen und ihrem Zeitverlauf einhergeht. Insbesondere kann sich für einen bestimmten Punkt oder eine bestimmte Region – je nach betrachtetem Ensemble-Member – entweder ein trockenes (niederschlagsfreies) oder ein nasses (niederschlagsreiches) Szenario ergeben.

21 kleine Schweizer Karten mit farbcodierten Angaben zur erwarteten Niederschlagsmenge.
Niederschlagskarten (kumulative Summe in mm über 3 Stunden) gemäss Vorhersagen der 21 Ensemble-Szenarien des ICON-CH2-EPS-Modells für den den 01.10.2024 von 21 bis 24 h UTC (Vorhersage 3 Tage zuvor abgegeben). Es ist zu erkennen, dass in einigen Szenarien nur wenig oder gar kein Niederschlag über den meisten Gebieten der Schweiz erwartet wird, während andere Szenarien Niederschlag über dem grössten Teil des Landes vorhersagen (an manchen Orten bis zu 50 mm in 3 Stunden).

Integration probabilistischer Vorhersagen

MeteoSchweiz hat diesen probabilistischem Ansatz, bei dem die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt wird, systematisch in die Vorhersagen und in die Dienstleistungen integriert. Dies zeigt sich insbesondere in den Wetterberichten, wo eine Reihe von probabilistischen Begriffen für Phänomene mit einem höheren Unsicherheitsgrad verwendet wird:

Wahrscheinlichkeitsbegriffe im Wetterbericht

Probabilistische Informationen fliessen auch zunehmend in die grafische Darstellungen unserer Prognosen ein. In der Applikation Niederschlagswahrscheinlichkeit wird die Niederschlagswahrscheinlichkeit für die nächsten Tage anhand von Karten visualisiert. Die Niederschlagswahrscheinlichkeit berechnet sich direkt aus der Ensembleprognose: Der Anteil der Szenarien oder Members mit Niederschlag ergibt jeweils die Wahrscheinlichkeit für Niederschlag. Diese Darstellung macht nur Aussagen zur Wahrscheinlichkeit von Niederschlag, sie gibt keine Angaben zur Niederschlagsmenge.

 	Kleine Schweizer Karten mit farbcodierten Angaben zur erwarteten Niederschlagswahrscheinlichkeit
Wahrscheinlichkeit für Niederschlag in den kommenden Tagen als Kartendarstellung. Die Wahrscheinlichkeit ergibt sich aus der Anzahl der Ensemble-Szenarien mit Niederschlag dividiert durch die gesamte Anzahl an Szenarien.

Auch die Lokalprognosen beinhalten probabilistische Informationen. Aus den Ensemble-Szenarien kann – für einen gegebenen Ort und eine gegebene Zeit – für jeden meteorologischen Parameter ein Median-Szenario berechnet werden. Das heisst, die Hälfte der Szenarien der Ensemble-Vorhersage ergeben einen höheren Wert und die andere Hälfte einen niedrigeren Wert. Um die extremsten Werte, die von diesen Szenarien vorhergesagt werden, zu quantifizieren, werden jeweils die höchsten 10 Prozent der Höchstwerte und die tiefsten 10 Prozent der Tiefstwerte verwendet. Der Wert, unter dem die tiefsten 10 Prozent liegen, wird als 10-%-Quantil (Q10) bezeichnet, der Wert, über dem die höchsten 10 Prozent liegen, als 90-%-Quantil (Q90). (Der Median entspricht folglich dem 50-%-Quantil).

Diagramm, dass die prognostizierte Temperaturentwicklung für den Medianwert sowie die Bandbreite zwischen dem 10-%- und 90-%-Quantil
Grafische Darstellung der Verwendung verschiedener Ensemble-Szenarien zur Erstellung probabilistischer Lokalprognosen. Das Median-Szenario (Q50) ist das Szenario, bei dem die Hälfte der Szenarien in der Ensemble-Prognose einen höheren Wert und die andere Hälfte einen niedrigeren Wert ergeben. Das 10-%- bzw. 90-%-Quantil (Q10 bzw. Q90) ist der Wert, unter dem 10 % der niedrigsten (bzw. 10 % der höchsten) Werte liegen. Das heisst, 80 % der Szenarien liegen zwischen den Quantilen Q10 und Q90.

Wahrscheinlichkeitsangaben auf der MeteoSchweiz-Website

Das Beispiel zeigt, wie probabilistische Informationen in die lokale Temperatur- und Niederschlagsprognosen integriert wird. Der Medianwert der Temperatur (Q50) ist durch eine rote Kurve dargestellt. Die halbtransparente, rosafarbene Unsicherheitswolke zwischen den beiden Quantilen Q10 und Q90 umfasst die verbleibenden 80 % der vom Ensemble-System berechneten Szenarien. Beim Modell ICON-CH2-EPS würde dies beispielsweise bedeuten, dass etwa 17 Szenarien (von 21 vorhandenen) in diesen Bereich fallen.

Der Medianwert der Niederschlagsmengen ist durch einen hellblauen Balken dargestellt. Dieser zeigt die erwartete Niederschlagsmenge an. Der Unsicherheitsbereich ist durch die hellblaue vertikale Linie dargestellt; sie wird oben und unten durch horizontale Linien begrenzt, die den Quantilen Q10 und Q90 entsprechen. Wie bei der Temperatur fallen 80 % der vom Ensemble-System berechneten Szenarien in den Bereich zwischen diesen beiden Quantilen.

Grafik zur Entwicklung von Temperatur und Niederschlag in den nächsten Stunden, sowohl für das wahrscheinlichste Szenario als auch mithilfe von Unsicherheitsbereichen.
In dieser Grafik sind sowohl für die Temperatur als auch für die erwarteten Niederschlagsmengen probabilistische Lokalprognosen abgebildet. Die Temperaturskala (in °C) befindet sich links, die Niederschlagsskala (in mm/h) rechts. Das wahrscheinlichste Szenario und die Unsicherheitswolke für die Temperatur sind in Rot bzw. halbtransparent in Rosa dargestellt. Das wahrscheinlichste Niederschlags-Szenario wird mit dem blauen Balken gezeigt. Der Unsicherheitsbereich ist durch die hellblaue vertikale Linie dargestellt; sie wird oben und unten durch horizontale Linien begrenzt. Um 2 Uhr beträgt die wahrscheinlichste prognostizierte Niederschlagsmenge etwa 1,5 mm / Stunde. Die Unsicherheit bei diesem Wert ist jedoch recht gross, da die Ensemble-Prognose Werte zwischen 0,7 und 3 mm/h (für 80 % der Szenarien) liefert.
Das Bild zeigt eine Wetterprognose für den Standort 1201 Genf auf 381 m ü. M. Es enthält eine grafische Darstellung der Windgeschwindigkeit und -richtung über einen Zeitraum von zwei Tagen, beginnend von Mittwoch bis Freitag. Die Windstärke ist in km/h angegeben, und die unsicheren Bereiche sind durch halbtransparente Zonen visualisiert, die auf mögliche Schwankungen in der Vorhersage hinweisen. Auf der rechten Seite befindet sich eine Tabelle mit den Wettervorhersagen für die kommenden Tage, die Informationen zu Temperatur, Niederschlagswahrscheinlichkeit und Niederschlagsmenge in Millimetern enthält.
Die Unsicherheit derWindvorhersage wird durch einen halbtransparenten Bereich dargestellt. Je größer dieser Bereich ist, desto größer ist die Unsicherheit. In der Tagesbox (rechts) wird die Unsicherheit der Tages-Niederschlagssumme in mm angegeben.

Wahrscheinlichkeitsangaben auf der MeteoSchweiz-App

Auch in den Prognosen der MeteoSchweiz-App werden probabilistische Informationen in Vorhersage von Temperatur und Niederschlag integriert.

Grafik zur erwarteten Entwicklung von Temperatur und Niederschlag, sowohl für die besten Prognose als auch mithilfe von Unsicherheitsbereichen.
Das Bild zeigt zwei Grafiken mit erklärenden Texten zur Wahrscheinlichkeit von Windgeschwindigkeiten und Windböen.   Links: Der Text erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die mittlere Windgeschwindigkeit zwischen 5 und 7 km/h liegt, 80 % beträgt, wobei die beste Schätzung 6 km/h ist. Die Grafik darunter zeigt eine blaue Linie mit einem schattierten Bereich, der die Unsicherheit darstellt. Die Windgeschwindigkeiten sind entlang der X-Achse nach Zeit und der Y-Achse in km/h aufgetragen.  Rechts: Der Text beschreibt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die stärksten Windböen zwischen 17 und 28 km/h liegen, ebenfalls 80 % beträgt, wobei die beste Schätzung 21 km/h ist. Die zugehörige Grafik zeigt eine ähnliche Visualisierung wie die linke, jedoch mit höheren Windgeschwindigkeiten.  Beide Grafiken visualisieren Unsicherheitsbereiche, die durch unterschiedliche Schattierungen dargestellt werden.
Unsicherheit Windvorhersage

Die Unsicherheit der Temperatur- und Windvorhersage wird durch einen halbtransparenten Bereich dargestellt. Je größer dieser Bereich ist, desto größer ist die Unsicherheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass der beobachtete Wert in diesem Bereich liegt, beträgt 80%.

Die Unsicherheit der Niederschlagsvorhersage wird an verschiedenen Stellen angezeigt. Die transparenten Säulen zeigen die Unsicherheit der Niederschlagsintensität. Die blauen Prozentzahlen geben die Wahrscheinlichkeit an, ob es innerhalb von 3 Stunden regnet.

Die Wertebereiche in der Wochenübersicht zeigen die Unsicherheit der Tagessumme des Niederschlags.